Mit dem Fahrrad durch Mittel- und Nordnorwegen 2002
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Zweite Woche

Dienstag, 18. Juni 2002

Holmset - Namsos - RV769 - Nordsjøen
Nordsjøen - Lund - (Fähre) - Hofles - Kolvereid - Foldereid
Foldereid - Møllebogen - (Abstecher Lysfjord) - Bindalseidet - Vikestad

Sonntag war erstmal so ein richtiger Scheißtag! Morgens wurde ich von den ekligen kleinen Mücken (norw. knott) fast zerfressen, worauf mein Gesicht wie eine Beulenlandschaft (gibt's das?) aussah. Und dann hat es den ganzen Tag aus Eimern gegossen. Wobei das gar nicht so schlimm war, da es mein aufgequollenes Gesicht gekühlt hat.
Nachmittags haben wir einen wunderhübschen Rastplatz auf Felsen am Fjord aufgetan, wo es sogar überdachte Tische gab. Und weil man sich bei solchem Wetter was gönnen sollte, haben wir einfach den Kocher ausgepackt und uns einen Kaffee zubereitet. Danach sah die Welt schon wieder anders aus. Abends dann wildcampen am Waldrand mit kleinem Bächlein und Blick aufs Meer.

Montag morgen wurden wir beim Frühstück von Schafen besucht. Strohdumm, aber so süß! Kommt eines angelaufen, weil es Fressen wittert, kommen alle anderen - auch die kleinen - mit fliegenden Ohren hinterher.
Der Tag war nicht so prickelnd. Erst mussten wir ganz schön hetzen, um die Fähre zu bekommen und dann fing mein Kugellager am Vorderad an zu klicken. In Kolvereid war dann erstmal schrauben angesagt, wobei ich feststellen musste, dass zwei Kugeln kaputt waren. Glücklicherweise war gleich ein Fahrradladen nebenan.

Mit Wildcampen wurde es auch nichts, da es den Platz, den wir ausgesucht hatten (ein Rastplatz wie am Freitag) nicht gab und es an dem Fjord erstaunlich dicht besiedelt war. Also mussten wir einen "Campingplatz" anfahren, auf dem wir die Wahl zwischen Wiese direkt an der Strasse oder Schotter direkt neben einer Hütte hatten. Wir haben uns für Schotter entschieden. Ich hatte mir unseren Übernachtungsplatz etwas anderes vorgestellt. Dafür hatte Yvonne Lachs gekauft, so dass es wenigstens ein richtig leckeres Essen gab!

Heute sind wir richtig früh aufgebrochen (8.30 h), da wir uns vorgenommen haben, nicht mehr so spät anzukommen, bzw. mit der Suche nach einem Wildplatz zu beginnen. Ausserdem sollte es heute nur eine kurze Etappe geben, damit wir den Nachmittag mal zum Lesen, Schlafen oder Schreiben haben. Die Suche begann um 12 Uhr und so gegen 15 Uhr hatten wir eine einigermaßen zufriedenstellende Stelle gefunden. Währenddessen ist mir aber noch der Fahrradständer abgebrochen. Ich muss jetzt mein Fahrrad immer hinlegen - so'n Mist!
Jetzt ist es aber richtig schön. Es gab lecker Essen (Spagghetti mit Tomatensauße und viel Knoblauch - vielleicht hilft Knoblauch ja gegen Mücken) und jetzt sitzen wir auf unserer Decke in der Sonne und essen Chips.

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Donnerstag, 20. Juni 2002

Vikestad - Bindalseidet - Holm - (Fähre) - Vennesund - Vik - Berg - Skogmo
- Horn - (Fähre) - Anndalsvåg - Forvik
Forvik - (Fähre) - Tjøtta - Sandnessjøen - Levang - (Fähre) - Nesna

Was für ein Tag gestern - es war fast wie fliegen. Nachdem wir die Fähre nach Vennesund genommen hatten, erwartete uns richtig flaches Terrain eingerahmt von hohen Bergen. Und zusammen mit dem Rückenwind flogen die Kilometer nur so dahin. Vor Brønnøysund wurde der Verkehr etwas heftig, aber nach ein paar Kilometern war es schon wieder vorbei. Und was heisst überhaupt "viel Verkehr"? Wir sind einfach an nichts mehr gewöhnt.
Übernachtet haben wir in der Nähe des Fähranlegers Forvik auf einem Hügel, der mit Heidelbeersträuchern bedeckt war. Unser tolles Zelt konnte erstmals seine Sturmtauglichkeit unter Beweis stellen. Es hat zwar geklappert und geheult, aber ich habe mich nie unsicher gefühlt - guter Kauf!

Heute hängen die Wolken ganz tief und es regnet. Erstaunlicherweise empfinde ich das gar nicht als schlimm. Die Regenkleidung hält dicht und mit dem Wetter habe ich gerechnet. Bisher hatten wir ja auch wirklich Glück damit. Wir sind total gut drauf. Wir quasseln und erzählen und müssen viel lachen.
Mir fällt auf, daß uns die Autofahrer alle ziemlich anglotzen.

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Freitag, 21. Juni 2002

Nesna

Ruhetag - Fußballtag. Nach einer richtig nassen Etappe gestern hat es uns nach Nesna auf einen sehr schönen Campingplatz verschlagen. Bisher sicher der Topplatz auf unserer Tour. Leider war keine Hütte mehr frei, aber der Aufenthaltsraum entschädigt dafür umso mehr. Gemütliche große rote Couch, Kabelfernsehen, warm, Holz, große Küche - bei dem Wetter (grau in grau mit Dauerregen) werde ich mich wohl den ganzen Tag hier aufhalten. Ist auch verdient nach dem gestrigen Tag. Es war so unangenehm, dass wir uns noch nichtmal eine grosse Pause gegönnt haben und so in 5 1/2 h die 72 km bis zur nächsten Fähre zurückgelegt haben. Das Blödeste an dem Regen ist aber, dass man kaum etwas von der tollen Natur sieht. So sind wir an den "Sieben Schwestern" ("Syv Søstre" - nicht zu verwechseln mit den Wasserfällen "Sju Søstre" am Geirangerfjord) vorbeigefahren, ohne sie wirklich sehen zu können. Am schlimmsten war die Fahrt über die Helgelandbrücke kurz hinter Sandnessjøen. Die ist sicher 50 m hoch und frei tragend. Bei dem Wind sind wir ein paar mal gegen das Geländer gedrückt worden ...
Der Ruhetag passt gut zum WM-Spielplan. Zum Frühstück gab es England - Brasilien (1-2, leider) und nachher Deutschland - USA.

Nett sind auch die Leute, die wir kennengelernt haben: ein Reiseradelfotojournalist (Reinhard Pantke), der für drei Monate hier unterwegs ist und ein etwas älterer Motorradfahrer aus Lübeck. War schön, gestern abend mit denen zu quatschen. Im Moment stehe ich allerdings etwas neben mir. Irgendwie bin ich etwas aufgedreht wegen Fussball. Muss mal sehen, dass ich wieder etwas zur Ruhe komme.

Fussball ist vorbei, Deutschland hat sich ins Halbfinale gemogelt (unglaublich) und siehe da: die Ruhe ist zurück. Der Ruhetag hat zwar gut getan, aber jetzt freue ich mich schon wieder aufs morgige Weiterfahren. Besonders reizt mich der vor uns liegende Berg und die Überschreitung des Polarkreises. Nur Urlaub alleine macht so träge - ich will reisen! Und Yvonne geht es glücklicherweise genauso!

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Sonnabend, 22. Juni 2002

Nesna - Sørsjona - Nordsjona - Røytvik

Ein Supertag! Den ganzen Tag Sonne, wunderschöne Aussichten und ein klasse Wildplatz auf Moos und Heidelbeersträuchern. Ein Tag Ruhepause hat allemal gereicht. Zunächst ging es 350 m hinauf, dann entlang des Sjona-Fords und durch zwei ca. 3 km lange Tunnel, die aber nicht sooo schlimm waren.
Neben der Strasse haben wir ein kleines Gebirgsflüsschen entdeckt, das gestaut wird. Da es ziemlich warm war haben wir nicht lange überlegt und sind beide rein ins Wasser. Super, wenn auch schweinekalt.

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Sonntag, 23. Juni 2002

Røytvik - Brattland - Kilboghamn - (Fähre über Polarkreis) - Jetvik - Reppen
- Ågskaret - (Fähre) - Forøy

Klasse Wetter, eiskalter Wind. Braunfrieren pur. Heute ging es irgendwie zäh, jeder Berg ein Kampf. Der Morgen fing sehr schön an. Ich bin früh aufgestanden und habe mich auf einen Felsen in die Sonne gesetzt. Eine Ruhe hier - ich weiss gar nicht, wie ich den Großstadtlärm wieder ertragen soll.
Heute haben wir den Polarkreis überschritten, bzw. mit der Fähre überfahren. Wo ich so lange von geträumt habe. Nur irgendwie sieht es hier auch nicht anders aus als weiter südlich. Trotzdem schön.
Morgen wollen wir - wenn das Wetter so bleibt - eine Tour zum Svartisen-Gletscher machen. War eine ganz schön schwere Entscheidung und Planung, da wir ja Dienstag das Halbfinale (Deutschland gegen Südkorea - die haben echt die Spanier rausgehauen) sehen wollen. Ist aber noch unklar, ob es klappt.

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Montag, 24. Juni 2002

Forøy - Holand - (Boot zum Engabrevatnet) - Holand - Forøy

Ausflug zum Svartisen-Ausläufer. Wir sind mit dem Fahrrad ohne Gepäck nach Holand "geflogen". Von dort aus ging es mit einem kleinen Boot zum Engabrevatnet. Die Wanderung entlang des Sees zum Gletscher war super. Schon von weitem sind die Eismassen eindrucksvoll. Und aus der Nähe. Wow!
Auf dem Rückweg sind wir noch ins dort angesiedelte Hotel eingekehrt und haben uns an einem Kaffee aufgewärmt.

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raubtieropfer

Raubtieropfer

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Mir gehört die Welt

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Outdoor-Spülmaschine

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Fjord

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noch'n Fjord

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Wild Campen

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Lazy Cows

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Wasser